Berresgasse: Dürfen wir vorstellen?
Die Wege durch den neuen Stadtteil!
Das Stadtentwicklungsgebiet Berresgasse nimmt langsam Gestalt an. Fest steht nicht nur, wo welche Wege durch das weitgehend autofreie Viertel durchführen werden, sondern auch welche NamenspatronInnen dahinterstecken. Machen Sie sich jetzt schon bekannt mit den Persönlichkeiten, die das neue Umfeld prägen werden!
Nachdem Anfang 2019 nur 11 % der Wiener Straßen nach Frauen benannt waren, herrscht bei den zukünftigen Adressen nördlich der Berresgasse mit sieben Männer-, neun Frauen- und einem Flurnamen ein ausgewogenes Verhältnis.
Der Entschluss der Bezirksvertretung Donaustadt fiel auf folgende Vorschläge:
Emilie Bach
Emilie Bach (* 2. Juli 1840, † 29. April 1890) war eine böhmische Kunstgewerblerin, die sich Verdienste um die Wiederbelebung der Kunststickerei erwarb. 1873 gründete sie mit Hilfe von Handelsminister Banhans die “Kaiserlich- Königliche Fachschule für Kunststickerei” in Wien, deren Direktrice sie wurde. Später gründete Bach auch Fachschulen in Agram, Graz, Laibach, Prag und Brünn.
Josef Lenz
Josef Lenz (* 30. August 1920, † 17. September 1995) arbeitete als Jurist. Er war wesentlich am Wiederaufbau der österreichischen Zivilluftfahrt beteiligt und an der Wiedergründung der Austrian Airlines, die er dann 25 Jahre lang als Anwalt vertrat. Darüber hinaus war er Präsident des Wiener Aero-Clubs.
Johann Jakisch
An der Neurisse
Lotte Profohs
Lotte Profohs (* 16. November 1934, † 6. November 2012) war eine Wiener Malerin und Grafikerin. Ihre Laufbahn begann bereits mit 15 Jahren an der Akademie für angewandte Kunst. Später lernte sie hier auch ihren Mann Helmut Leherbauer kennen. Nach einem Skandal rund um eine Ausstellung, erhielt Profohs einen Schulverweis. So wechselte sie gemeinsam mit ihrem Mann 1955 an die Akademie der bildenden Künste. Profohs schwarz-weiße Werke haben meistens einen sozialkritischen Hintergrund.
Helmut Leherb
Der Wiener Helmut Leherb (* 14. März 1933, † 28. Juni 1997) war Maler, Grafiker und Bildhauer. Wie seine Frau Lotte Profohs studierte er an der Akademie für angewandte Kunst und wechselte nach einem Studienaufenthalt in Stockholm an die Akademie für bildende Künste Wien. In seinen surrealen Bildern stellte er sich – bewusst provokant und publikumswirksam – oft selbst als surreales Gesamtkunstwerk dar. Während er als “Maître Leherb” in Paris berühmt wurde, lehnte man ihn in Österreich lange Zeit kompromisslos ab. Heute ist er auch hierzulande anerkannt.
Sonja Hajek
Nobert Scheed
Nobert Scheed (* 17. August 1962, † 16. Juli 2014) war von 2006 bis zu seinem Tod Bezirksvorsteher der Donaustadt. Er engagierte sich schon während seiner Lehre zum Bürokaufmann als Gewerkschafter. Nach dem Besuch der Sozialakademie der Arbeiterkammer wirkte er unter anderem als Landessekretär der GPA-Wien, als Bezirksrat der SPÖ Rudolfsheim-Fünfhausen, als Vorstandsmitglied der Wiener Arbeiterkammer und der Wiener Gebietskrankenkasse sowie als Vorsitzender der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter im ÖGB-Wien. 2001 zog Scheed in den Wiener Landtag und Gemeinderat ein. Nach seiner Wahl in die Bezirksvorstehung von Wien-Donaustadt trieb er Großprojekte wie die städtebauliche Planung der Seestadt Aspern voran.
Antonia Weiss
Die Wirtin Antonia Weiss (* 30. Mai 1901, † 25. Mai 1979) konnte aufgrund der finanziellen Lage nur die Pflichtschule absolvieren und musste bereits mit 14 Jahren im Familien-betrieb mitarbeiten. Mit ihrem Mann Ferdinand pachtete sie ab 1933 das Einkehrgasthaus in der Groß-Enzersdorfer Straße 14. Die Familie Weiss schloß sich mit Asperner Gärtner zusammen, um in ihrem „Wolkersdorfer Weinhaus“ Kinder aus sozial schwachen Familien bei Nachmittagsveranstaltungen zu bewirten. 1935 wechselte die Familie in das große Gemeindegasthaus am Asperner Siegesplatz, wo Antonia Weiss an der Tradition der gratis Jause für Kinder armer Familien festhielt.
Nachdem der Betrieb während der russischen Besatzung wegen der Nutzung als Soldatenquartier eingestellt wude, eröffnete Ferdinand Weiss in der Aspernstraße 117a ein neues Café-Restaurant. 1956 konnte die Wirtin noch einmal ihre Hilfsbereitschaft zeigen und öffnete das Haus für Flüchtlinge aus Ungarn.
Maria Emhart
Die Widerstandskämpferin und SPÖ-Politikerin Maria Emhart (* 27. Mai 1902, † 9. Oktober 1981) wuchs als ältestes von fünf Kindern einer Landarbeiterin und eines Eisenbahners in einer Barackensiedlung in Pyhra bei St. Pölten auf. 1932 begann ihre politische Laufbahn, als die Betriebsrätin in den Gemeinderat von St. Pölten gewählt wurde. 1934 beteiligte sie sich federführend an den Februarkämpfen, wurde verhaftet, aber mangels Beweisen freigesprochen. Danach übernahm sie eine leitende Position bei den Revolutionären Sozialisten, wurde verraten, erneut verhaftet und stand im „Großen Sozialistenprozess“ vor Gericht. Bei der Amnestie 1936 kam sie frei. Zehn Jahre später wurde Emhart als erste Frau in Österreich in Bischofshofen zur Vizebürgermeisterin gewählt und behielt dieses Amt für 20 Jahre. Ab 1953 saß sie zwölf Jahre im Nationalrat und arbeitete im Landesverteidigungs-, Rechnungshof-, Justiz- und Verkehrsausschuss.
Anni Haider
Anni Haider (* 22. März 1902, † 22. Juni 1990) war Arbeiterin und Widerstandskämpferin. In Wien geboren als Anni Ladislav, arbeitete sie in einem Textilbetrieb, in dem sie sich auch als Betriebsrätin engagierte. 1934 nahm sie an den Februarkämpfen im Goethehof teil. Danach emigrierte sie in die Tschechoslowakei und weiter in die Sowjetunion. Ihren Mann Franz Haider lernte sie im Moskauer Exil kennen. 1938 kehrten beide nach Österreich zurück. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das national-sozialistische Deutschland, waren beide für die illegale KPÖ tätig. 1941 verriet ein Spitzel die Widerstands-aktivistin, die verhaftet und zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Ende April 1945 wurde sie von US-Truppen befreit. Gleich nach dem Krieg engagierte sich Haider in der kommunistischen Frauenbewegung und später in der Pensionistenbewegung der KPÖ.
Grete Zimmer
Die Wienerin Grete Zimmer (* 9. Dezember 1922, † 28. Juli 2003) war Schauspielerin. Nach der Matura studierte sie am Max-Reinhardt-Seminar. 1945 wurde sie am Theater in der Josefstadt als festes Ensemble-Mitglied engagiert. Gastspiele am Akademie- und Volkstheater, an der Volksoper sowie bei in- und ausländischen Festspielen folgten. Zimmer war auch als Filmdarstellerin in deutschen Krimi-Serien und Fernseh-Adaptionen von Theaterklassikern zu sehen.
Robert Parzer
Robert Parzer (* 8. November 1943, † 12. Jänner 2015) war Politiker und Abgeordneter zum Wiener Gemeinderat und Landtag. An der Bundesgewerbeschule in Mödling schloss er die Fachschule für Bau und Möbeltischlerei ab. Nach dem Präsenzdienst blieb er beim Bundesheer und holte die Matura nach. 1969 trat er in die Creditanstalt ein, wo er zum Oberprokuristen und Abteilungsleiter befördert wurde. Er engagierte sich in der Bezirkspolitik und war Sektionsobmann in Essling. Seit November 1998 war er ÖVP-Bezirksparteiobmann des 22. Bezirks.
Lotte Hass
Lotte Hass (* 6. November 1928, † 14. Jänner 2015) war eine international bekannte Schauspielerin und Tauchpionierin aus Wien. Die spätere Gattin des Meeresforschers Hans Hass, der zunächst gegen die Teilnahme von Frauen an seinen Expeditionen war, begann in seinen Naturfilmen als Hauptdarstellerin mitzuwirken. Gemeinsam brachten sie den Menschen durch diese Aufzeichnungen erstmals die Welt der Meere näher.
Gerhard Büchl
Gerhard Büchl (* 24. Jänner 1958, † 16. August 2016) war Steinmetzmeister und Lehrer sowie ab 2009 Direktor der Berufsschule für das Baugewerbe. Er initiierte Kooperationen mit dem Wien Museum und dem Architekturzentrum Wien. Ein wichtiges Projekt war auch der „Baum der Hoffnung” vor der UNO-City, ein Mahnmal für Opfer des Drogenmissbrauchs.
Abgesehen von der Verkehrsfläche An der Neurisse und der Grete-Zimmer-Gasse, die künftig vom Bus, Einsatzfahrzeugen und Lieferwägen befahren werden dürfen, ist das neue Stadtviertel völlig autofrei. Privatautos sind nur in den Tiefgaragen erlaubt. Das heißt: Die Wege mit den NamenspatronInnen möchten zu Fuß oder per Rad erkundet werden!
Wer steckt eigentlich hinter dem Namen „Berresgasse“?
Die Berresgasse wurde nach Joseph Christian Berres (* 18. März 1796, † 24. Dezember 1844) benannt. Er war Anatom und Fotopionier.
Der Sohn eines Landchirurgen studierte Medizin an der Universität Wien und arbeitete als Lehrer an der Chirurgenschule in Lemberg. Dort begründete er ein anatomisches Museum, das 1848 verbrannte. Nachdem Berres während der Choleraepidemie zum angesehenen Arzt wurde, erhielt er 1831 die Lehrkanzel für niedere makroskopische Anatomie an der Universität Wien. Hier erwarb er sich besondere Verdienste um die Modernisierung des Seziersaals, hielt erstmals praktische Sezierübungen für Studierende ab und verbesserte die Mikroskopiertechnik entscheidend. Dadurch konnte er histologische Untersuchungen der menschlichen Gewebe durchführen, die ihn zur ersten Zelldarstellung führten.
Folglich schuf er den ersten histologischen Atlas des menschlichen Körpers. Nach 1840 erfand Berres zudem ein Druckverfahren im Bereich der Daguerrotypie.