Grätzelheld Andreas Unterlechner
Der Mann in Schwarz – bekannt wie ein bunter Hund!

© GB*/Dutkowski

Bevor man Andreas Unterlechner sieht, hört man ihn, denn das Geklapper der vielen Schlüssel an seinem Gürtel kündigt bereits seine Ankunft an. Wenn er über seinen Beruf als Rauchfangkehrer spricht, dann strahlt er übers ganze Gesicht. Kaum jemand kennt den 15. Bezirk und seine BewohnerInnen so gut wie er.

Die Sonne strahlt und wir treffen uns im Eduard, dem Herzen des 15. Bezirks, wie Andreas Unterlechner verrät. Die Umgebung des Sparkassaplatzes ist der Einsatzort des passionierten Rauchfangkehrers. Er kennt hier die meisten Häuser und noch viel mehr Bewohnerinnen und Bewohner. Da verwundert es auch nicht, dass er den einen oder anderen Grätzelhelden persönlich kennt. Genau dieser soziale Kontakt zu den Menschen ist es, was seinen Job für ihn ausmacht.

„Der 15. Bezirk hat so viele Kulturen und unterschiedliche Menschen - das ist total spannend.“

Grätzelheld Andreas Unterlechner
Neben seinem Beruf als Rauchfangkehrer ist er zudem als schamanischer Berater und spiritueller Begleiter tätig. Seine Ausbildung hilft ihm dabei, in den Gesprächen in die Tiefe zu gehen. (© GB*/Dutkowski)

„Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ich einmal Rauchfangkehrer werde - das hat sich alles zufällig ergeben“, verrät er im Gespräch. So zufällig alles gekommen ist, so sehr kann er sich sein Leben ohne seinen Beruf nicht mehr vorstellen.

Dass sein Herz für den 15. Bezirk schlägt, hat aber nicht nur mit dem multikulturellen Zusammenfinden, das er so liebt, zu tun. Andreas Unterlechner ist hier ums Eck aufgewachsen und kennt den Bezirk, wie er früher war und wie er heute erblüht, erzählt er euphorisch.

„Du bekommst Einblick in Sachen, die du sonst nie erfährst - das ist großartig.“

Die Tage von Andreas Unterlechner beginnen meist gleich. Kurz vor sieben ist er im ersten Haus und beginnt mit den Dachbodenarbeiten. „Das ist der Zeitpunkt, wo die meisten Leute dann aufwachen“, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Danach geht dann schon los, was ihm am meisten Freude bereitet: Der Kontakt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern im Haus.

 

Grätzelheld Andreas Unterlechner
Andreas Unterlechner brennt für seinen Beruf und hat aufrichtiges Interesse an den Menschen, mit denen er zu tun hat. (© GB*/Dutkowski)

„Ich habe begonnen, mit den Leuten Gespräche zu führen. Wenn du die Menschen auf der Straße siehst, dann tragen so etwas wie eine Maske, das geht in der Wohnung nicht. Sobald du eine Wohnung betrittst, weißt du, wer der Mensch ist“, klärt Andreas Unterlechner auf.

„Da sind so viele schöne Gespräche entstanden und das war für mich so wertvoll, weil es mich auch in meiner persönlichen Entwicklung weitergebracht hat.“

„Der Spruch ‚Durchs Reden kommen die Leute zusammen‘ hat schon seinen berechtigten Hintergrund“

„Was ganz wichtig ist als Rauchfangkehrer, ist Menschenkenntnis und ein gewisser Umgang mit Menschen - du musst auch offen allen Kulturen gegenüber sein.“ Deswegen ist es für ihn auch eine Selbstverständlichkeit, dass er sich beispielsweise bei muslimischen Familien die Schuhe auszieht, bevor er die Wohnung betritt.

Grätzelheld Andreas Unterlechner
Ich freu mich über die Offenheit und es macht mir sehr viel Freude“, erzählt er sichtlich berührt von dem Vertrauen, das ihm entgegengebracht wird. (© GB*/Dutkowski)

Wien ist grantig - sagt man zumindest. Das kann Andreas Unterlechner aber nicht bestätigen.

„Als Rauchfangkehrer erlebst du das nicht so. Wenn dich die Menschen sehen, beginnen sie zu lächeln und suchen einen Knopf oder fragen, ob sie einen angreifen dürfen. Das ist total schön“, erzählt er über manch alten Brauch aus seinem Alltag.

Da kann es schon passieren, dass eine Reisegruppe Italienerinnen auf einen zustürmt, um sich ihr Glück abzuholen oder ein Geschäftsmann einen bittet, ihn für den positiven Verlauf eines Meetings anzuspucken.

Letztere Bitte hat Andreas Unterlechner übrigens mit einem eleganten „Toi, toi, toi“ über die Schulter gelöst.

„Es geht darum, die Leute im Bezirk zusammenzuführen, deswegen hat mir die Idee der Grätzelheld*innen total getaugt.“

 

Grätzelheld Andreas Unterlechner
Der Rauchfangkehrer, der das Grätzel belebt und vernetzt. (© GB*/Dutkowski)

„Das Wort Held hat für mich eine gewisse Qualität und ich kann sagen: Ja, bin ich, weil ich offen bin und Menschen so annehme, wie sie sind“, sagt er überzeugt.

Seine Offenheit und Herzlichkeit gegenüber seinen Mitmenschen unterstreicht er ganz ungewollt, wenn er mit dem vorbeikommenden Augustinverkäufer kurz plaudert oder jemandem auf der anderen Straßenseite zuwinkt.

Abschließend wollen wir von unserem Rauchfangkehrer natürlich wissen: Wie ist sein Expertenbefund für den Bezirk?

„Guter Boden mit viel Potenzial.“

„Die Basis ist stabil und sehr nutzbar, es ist noch Potenzial da, aber nichts mehr sanierungsbedürftig. Die Bewegung geht in die richtige Richtung. Mein Befund ist positiv von dem, was ich erlebe“, resümiert Andreas Unterlechner mit einem breiten Schmunzeln. Als Herausforderung sieht er noch eine gewisse Angst vor Kulturvielfalt. Genau dafür würde er auch eine Superkraft einsetzen, wie er verrät:

„Für mich wäre die Superkraft, den Menschen ein Lächeln in die Herzen zaubern zu können“,sagt Andreas Unterlechner abschließend und kommt dabei wieder ohne Pathos oder erhobenen Zeigefinger aus.

 

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