Nicht nur Saures
Der Schlingermarkt im Porträt

Hände halten Topf mit Kraut und Gurken
© Böhm

Yusuf Isufov rettet die Salzgurke im Fass und bietet auch andere Leckerbissen an.

Saure-Gurken-Zeit! Ist für Yusuf Isufov immer, auch schon um sieben Uhr in der Früh. Mit großer Sorgfalt und Liebe zum Detail bringt er auch heute die Klassiker vor seinem Stand in Position: Sauerkraut und Salzgurken aus dem Holzfass, frisch geschnittenes Kraut, Sarmakraut für die Krautrouladen. In seinen Regalen belässt er hingegen: die eingelegten Gurken und Tomaten, die zum Teil gefüllten Paprika, Pfefferoni und die Salate im Glas. Es gibt bei ihm aber auch bulgarischen und griechischen Schafskäse sowie schwarze und grüne Oliven.

Herr Isufov ist ein Ruhiger, kein Marktrufer im herkömmlichen Sinn. Das heißt aber nicht, dass er nicht gerne erzählt und zuhört:

„Ich habe Deutsch auf dem Markt gelernt, von meinen Kunden.“

Marktstand Behchedov inklusive Besitzer
© Böhm

Der gelernte Koch stammt aus einem Dorf, das 60 Kilometer vom Schwarzen Meer entfernt liegt. Nach der vierjährigen Ausbildung hat er in der Werksküche einer großen Fabrik gearbeitet. Doch die Welt dort wurde ihm – wie so vielen jungen, gut ausgebildeten Bulgaren – bald zu eng. Und so folgte er dem Ruf eines guten Freundes nach Wien. Das war vor acht Jahren.

In der Zwischenzeit schlägt das Pendel der Migration in der EU auch wieder in die Gegenrichtung aus: „Der Freund arbeitet jetzt wieder in Bulgarien.“ Seine Frau, eine Landsfrau, hat Yusuf Isufov wiederum in Wien kennen gelernt. „Und unsere Tochter Aysche wurde vor vier Jahren hier in Wien geboren.“

Mit seinem Stand, den er im Jänner 2013 von Leopold Marchsteiner übernommen hat, möchte der Mitdreißiger die Tradition eines Floridsdorfer Urgesteins mit den Gaumenfreuden aus seiner Heimat verbinden. Er versteht sein Geschäft. Seine ruhige, freundliche Art kommt gut an, bereichert das Marktleben:

„Die ersten beiden Jahre waren hart, viel Arbeit, wenig Einkommen, aber inzwischen darf ich sagen, dass ich ganz gut über die Runden komme.“

Heute ist er hier nicht mehr wegzudenken. Auch seine Eltern, die weiterhin in Bulgarien leben, haben ihn schon auf seinem Stand besucht. Schön zu hören, dass er auf Nachfrage zugibt: „Ja, schon. Sie sind stolz auf mich.“

Wien ist seine Heimat geworden. Auch das sagt der Leopold-Marchsteiner-Nachfolger. „Es ist eine große Stadt, eine schöne Stadt. Die Leute, die ich hier kennen gelernt habe, sind alle sehr freundlich und hilfsbereit. Viele grüßen, auch wenn sie nix bei mir kaufen.“

Zeitig in der Früh fährt Yusof Isufov mit frischer Ware von Favoriten nach Floridsdorf. Hier angekommen, baut er wie gesagt sehr sorgfältig vor dem Stand seine Auslage auf. Dafür hat er gute Gründe: „Man muss versuchen, den Vorbeikommenden etwas zu bieten, damit sie stehenbleiben.“

Wichtig ist ihm auch die Zusammenarbeit mit den anderen Standlern: „Weil wenn die Leute bei meinen Nachbarn etwas kaufen, kann ich ihnen vielleicht auch etwas bieten.“

Und auf gut Wienerisch erklärt er: „Ich mag sie olle.“

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