Von einer alten Geige
und einem neuen Zuhause

© Julia Koch

Wie viele andere Kinder hat Pantea aus dem Iran im Haus Liebhartstal ein neues Zuhause gefunden. Für die erste Augabe unserer Nachbarschaftszeitung LiebBlatt hat Bloggerin Julia Koch mit Pantea über ihre neue Nachbarschaft gesprochen.

Pantea ist elf. Seit vier Jahren geht sie in Wien zur Schule. Wir verabreden uns vor dem Haus Liebhartstal, wo sie mit ihren Eltern in einem Zimmer wohnt. Schnell bringt sie noch die schwere Schultasche hinauf und trifft mich dann im Garten hinterm Haus. Ein paar Bänke und Tische stehen über den Rasen verteilt – früher saßen hier wohl PensionistInnen und genossen die Frühlingssonne. Heute laufen Pantea und ihre Freundinnen über die Wiese und durch die wildwachsenden Büsche, wo ein kleiner Pfad in ein grünes Geheimversteck führt.

Pantea: Wir bauen hier immer ein Haus. Wir legen eine Decke hin und da steht dann die Teekanne und dann kochen wir Tee.

Julia: Was brauchst du denn alles in deinem Zuhause?

Pantea: Ich hab zuhause einen großen Bär. Und er schläft immer bei mir. Er ist soooo groß wie ich. Und dick. Ohne ihn kann ich nicht schlafen. So einen Bär hatte ich im Iran auch schon, aber den hat jemand kaputt gemacht. Und ich hatte auch noch einen Hund. Ich war noch klein und ich hatte Geburtstag, und da hat der Papa mir einen Hund gekauft, ich wusste nix – eine echte Hund! Und an einem Tag hat die Polizei den Hund von mir weggenommen. Ich weiß nicht, ob er noch lebt. Und danach sind wir hierher gekommen nach Österreich und wir hatten kein Haus und so. Aber jetzt kennen wir uns in Österreich schon aus.

Julia: Und wenn du erwachsen bist, was möchtest du dann für ein Zuhause haben?

Pantea: Ein Schwimmbad soll das haben. Ich würde so gern schwimmen. Wenn ich groß bin, kauf ich ein Haus und ein Schwimmbad. Aber das Wichtigste im Haus ist das Bett. Und eigentlich wichtig ist das Wasser. Und Essen. Meine Mama kocht leckeres Essen.

Julia: Was kocht sie denn?

Pantea: Manchmal Reis, der wie ein Kuchen aussieht. Das ist urlecker. Das heißt Tajine!

Julia: Isst du das am liebsten?

Pantea: Am liebsten esse ich Palatschinken und Spaghetti.

Julia: Wirklich – Palatschinken? Hast du das in Wien kennengelernt?

Pantea: Nein, im Iran gibt es auch Palatschinken. Die kenn ich schon länger. Ähnlich sind die. Man kann die zum Beispiel mit Salat drinnen essen. Oder man kann Fleisch rein geben. Und Süßigkeiten liebe ich. Am meisten liebe ich Eis. Und Schokolade liebe ich. Nur etwas liebe ich nicht: diese Zuckerl, die man in den Mund gibt und der Mund wird gut riechen. Die mag ich nicht. Wäh. 

Julia: Ich hab gehört, du hast vor kurzem eine Geige bekommen. Wie war denn das?

Pantea: Ja, mein Papa liebt das, wenn ich Geige spiele und ich hab also eine Geige gesucht. Seda hat mich unterstützt und im Internet eine Geige gesucht. Da hat ein Mann gesagt, er gibt mir eine Geige, aber er muss sie noch reparieren und einen Bogen kaufen und so.

"Als er klein war, wollte mein Papa immer eine Geige haben und jetzt hab ich eine Geige für ihn. Und er ruht sich aus und hat nix mehr im Kopf wenn ich spiele."

Seda arbeitet bei der Gebietsbetreuung Stadterneuerung, hat Panteas Mama bei einer Kochveranstaltung kennengelernt und von Panteas Wunsch nach einer Geige gehört. Auf FragNebenan, einem Online-Nachbarschaftsnetz, platzierte Seda das Gesuch mit der Information, ein kleines Mädchen wünsche sich eine Geige. Es stellte sich heraus, dass der Mann, der daraufhin eine zur Verfügung stellen wollte, vor vielen Jahren selbst in Panteas Alter ebenfalls aus dem Iran nach Wien gekommen war. Der schönste Zufall aber war, dass auch er damals seine erste Geige bekommen hatte. Farshid reparierte also die alte Geige, besorgte einen Bogen und einen Geigenkasten und vermachte das Instrument Pantea.

Pantea: Und dann hat Seda mich überrascht. Wenn ich aus der Schule gekommen bin, hat sie urviele Luftballons gekauft und war da mit der Geige.

Farshids Frau unterrichtet Pantea nun im Geige spielen.

Pantea: In Farshids Haus sind die Treppen soooo (Anm.: Pantea deutet mit der Hand eine Spirale an.) Und unten im Garten ist dann eine Uni und da können Kinder (Musik) studieren. Und ich muss erst viel lernen von der Lehrerin und wenn ich viel lerne, kann ich auch auf diese Uni. Dann bin ich eine gute Musikerin.

Julia: Und jetzt spielst du auch schon für deinen Papa?

Pantea: Ja, mein Papa mag dass ich Geige spiele. Das beruhigt ihn. Er liebt Musik und wenn ich ihm vorspiele, ruht er sich aus und hat nix mehr im Kopf.