Wie entsteht gute Nachbarschaft in neuen Stadtteilen?
GB*Sternstunden


Wie kann gute Nachbarschaft entstehen? Vor allem in Stadtteilen, die neu errichtet werden? Welche Rahmenbedingungen braucht es? Und welchen Beitrag können wir alle zu einer guten Nachbarschaft leisten? Über diese Fragen haben wir uns mit Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Carré Atzgersdorf in Liesing unterhalten, wo in den letzten Jahren viele neue Wohnungen und Grünflächen entstanden sind.

Natascha Schappelwein ist mit ihren beiden Kindern vor einem Jahr ins Carré gezogen und engagiert sich aktiv in ihrer Nachbarschaft. Peter Kienast kennt das Grätzel schon seit Jahren und hat die Entstehung der Wohnbauten mit Neugier beobachtet. Florian Weinmeier lebt mit seiner Familie im neuen Stadtteil „In der Wiesen" südlich von Alt Erlaa und gestaltet mit dem Verein „Helenes Dorf“ seine direkte Umgebung mit. GB*-Experte Daniel Dutkowski war mit dem Stadtteilmanagement schon im Carré Atzgersdorf aktiv, als es noch eine Baustelle war. Heute gilt es, die Nachbarschaft zwischen „Alt und Neu“ mitaufzubauen und zu fördern.

Unsere drei Gäste haben auf persönlich unterschiedliche Weise erlebt, wie sich die Nachbarschaft in Atzgersdorf verändert. Die Gesprächsrunde für unsere „GB*Sternstunde“ fand im Gemeinschaftsraum mit Blick auf den Gustav-Holzmann-Platz statt – mitten im neuen Stadtteil. Der perfekte Ort, um sich mit dem Thema zu beschäftigen. Durch das Gespräch führt erneut Maria Wegenschimmel von SozialPod.  Hören Sie rein!

 


Daniel Dutkowski ist Teil des GB*Stadtteilmanagements und direkt vor Ort im neuen Stadtteil im Einsatz.

Daniel Dutkowski: „Wir sind Anlaufstelle und Drehscheibe für alle Menschen im Stadtteil“.

Mit dem GB*Stadtteilmanagement war Daniel Dutkowski schon früh im Carré Atzgersdorf. Dort, wo sich vor einigen Jahren noch Lastwagen und Bagger ihren Weg gesucht haben, findet heute ein Wochenmarkt statt. Eine spürbare Veränderung, die Begleitung gebraucht hat, wie Daniel weiß. „Die Idee des Stadtteilmanagements ist es, dass überall dort, wo viel gebaut wird, eine lokale Anlaufstelle verfügbar ist. Wir fördern das Zusammenwachsen von bestehenden Altbau- und neuen Wohnvierteln. Dabei laden wir alle Menschen, die hier wohnen, ein, sich einzubringen und unterstützen sie bei der Umsetzung ihrer Ideen“, fasst er die Aufgabe der Gebietsbetreuung Stadterneuerung zusammen. Dazu zählt vor allem die Fragen, Wünsche und auch Ängste der Anrainerinnen und Anrainer ernst zu nehmen, ein offenes Ohr zu haben und Raum für Ideen zu anzubieten. Gemeinsam mit seinem Team will er den Nährboden für ein lebendiges Grätzel schaffen.


Natascha Schappelwein lebt im Carré Atzgersdorf und engagiert sich für die Nachbarschaft.

Natascha Schappelwein: „In erster Linie ist gute Nachbarschaft Freundschaft.“

Natascha Schappelwein stimmt Daniel zu. Sie selbst macht das Grätzel seit einiger Zeit mit ihrer Leidenschaft für Kunst lebendiger. In ihren Theaterspielgruppen für Kinder bietet sie die Möglichkeit, sich kreativ zu entfalten. Ein Angebot, das die jüngsten Bewohner*innen begeistert annehmen. Das Verbindende sind die Kinder – sobald sie integriert sind, entstehen gute Freundschaften und das ist für Nachbarschaften wichtig“, ist  Natascha überzeugt. Kurze Wege, guter Kontakt zu den Anrainer*innen, mit offenen Augen und Herzen durchs Grätzel gehen: Das findet sie unverzichtbar für das Funktionieren guter Nachbarschaft. Für die Zukunft wünscht sich Natascha noch mehr Austausch und Zusammenarbeit. „Was mir hilft ist, im Gegenüber nicht einen Fremden, eine Fremde zu sehen, sondern eine neue Geschichte. Wenn ich im anderen einen Freund, eine Nachbarin sehe, dann profitieren wir beide und haben ein besseres Leben“, erklärt sie überzeugt.


Florian Weinmeier lebt mit seiner Familie im neuen Stadtteil „In der Wiesen" und ist dort mit seinem Verein „Helenes Dorf“ aktiv.

Florian Weinmeier: „Wenn man will, dass es lebendig ist, ssen alle einen Beitrag leisten.

Wie man ein Grätzel aktiv beleben kann, weiß Florian Weinmeier. Er wohnt mit seiner Familie im Quartier „Erlaaer Flur“ im Stadtteil „In der Wiesen", Europas größter Urban-Gardening-Siedlung. Kein Wunder, dass im Nachbarschaftsverein „Helenes Dorf“ gemeinsam gegartelt wird. „Ich glaube, dass ein Garten der perfekte Ort ist, um Nachbarschaft zu fördern. Es liegt in der Natur der Sache, dass man sich trifft, wenn man im Garten arbeitet. Man tauscht sich aus, tauscht Pflanzen und es ist ein Geben und Nehmen“, erzählt der begeisterte Hobbygärtner. Mit seiner Nachbarschaft organisiert er außerdem kulturelle Events, Fotoausstellungen, einen Kleidertausch oder einen offenen Bücherschrank. „Die Ideen und Möglichkeiten sind grenzenlos. Man braucht engagierte Personen, die nicht nur drüber reden, sondern es auch machen“, berichtet er von seinen Erfahrungen. Den dörflichen Aspekt des Vereins sieht er vor allem im Austausch. Egal ob Babygewand, Pflanzen, Werkzeug oder Auto: Er ist überzeugt, dass der Tauschaspekt einen wesentlichen Beitrag zur guten Nachbarschaft leistet.


Peter Kienast lebt schon lange im Grätzel und beobachtet die Veränderungen interessiert.

Peter Kienast: „Ich sehe es als Chance, dass viele Leute zugezogen sind.“

Peter Kienast ist der „Alteingesessene“ in der Runde. Er kennt die Gegend schon seit Jahren und bringt sich selbst aktiv in die Gestaltung seiner Umgebung ein. Der begeisterte Historiker organisiert Spaziergänge durch das Grätzel, um möglichst vielen unbekannte, versteckte Ecken zu zeigen. „Als ich vor 29 Jahren nach Atzgersdorf gezogen bin, hat es diese Möglichkeiten noch nicht gegeben. Ich habe oft nur durch Zufall Leute kennengelernt“, berichtet er. Die Möglichkeit, durch Anlaufstellen wie das GB*Stadtteilmanagement Menschen kennenzulernen, sieht er als großen Bonus für die Belebung der Gegend. Auch den Ausbau der Infrastruktur, Gehsteige und Fahrbahnen hat er als positiv erlebt. War er am Anfang noch skeptisch, welche Veränderungen die Bauten bringen werden, hat Peter Kienast es bald als Chance gesehen, die er auch nutzen wollte. „Ich finde, das Schöne ist, dass jeder in einer Stadt eines selber entscheiden kann: Wenn jemand anonym sein möchte, dann kann er /sie das ohne Probleme sein. Wenn man aber will, kann man einer Gemeinschaft beitreten oder gemeinsame Aktivitäten unternehmen.“ Für die Zukunft wünscht sich Peter, dass auch alteingesessene Liesinger*innen das neue Grätzel erkunden und mehr Austausch passiert.


Damit dieser Austausch und gute Nachbarschaft ins Rollen kommen, braucht es oft nur einen kleinen Anstoß, wie Daniel Dutkowski weiß. „Durchs Reden kommen bekanntlich die Leute zusammen. Jeder hat unterschiedliche Interessen und wir versuchen, Menschen mit gleichen Interessen zusammenzubringen.“ Ob Grätzelspaziergänge, Eltern-Kind-Treffs, Spieleabende oder Urban-Gardening-Workshops – es ist für jede*n etwas dabei!

Was steht sonst noch im Carré Atzgersdorf auf dem Programm? Was kann jede*r einzelne Bewohner*in für gute Nachbarschaft tun? Hören Sie rein und lassen Sie sich von unseren Gästen inspirieren!

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