Engagement für gute Nachbarschaft!
Lore Sander im Gespräch
Mit unserer Initiative "Miteinander in Mariahilf" unterstützen wir Bewohner*innen, Institutionen und Geschäftsleute dabei, sich für nachbarschaftliche Aktivitäten zu engagieren und Ideen für ein gutes Zusammenleben umzusetzen. Wie das Engagement für die Nachbarschaft aussehen kann, zeigt unser Gespräch mit Lore Sander aus der Theobaldgasse.
Spricht man mit den Bewohner*innen und Geschäftsleuten über das Leben in der Theobaldgasse, fällt in jedem Gespräch ein Name: Lore Sander. Die Geschäftsfrau war nicht nur eine der ersten Unternehmerinnen in der Gasse, sondern hat sich auch zum Dreh- und Angelpunkt der Nachbarschaft entwickelt.
Wenn Lore Sander über ihre Arbeit, ihr Leben und ihre Nachbarschaft spricht, dann strahlt sie über das ganze Gesicht. Schon nach wenigen Minuten ist klar: Hier sitzt eine Frau, die alles was sie tut, mit voller Begeisterung macht! So auch als sie vor 25 Jahren aus Bayern mit ihrem Mann Werner Pilz in die Theobaldgasse gezogen ist und diese seitdem aktiv mitgestaltet.
„Kommunikation ist für mich alles - das ist der Schlüssel für alles.“
Angefangen hat alles vor 25 Jahren: „Im Grunde war HABARI eine Projektidee, um Produzenten aus Ost-, Süd- und Westafrika einen direkten Zugang zum westlichen Wirtschaftsmarkt zu ebnen, und kein Geschäft. Wir denken, die Würde der Arbeit und des Menschen ist das höchste Gut, deswegen ist es wichtig, dass jemand von seiner Arbeit leben kann“.
In ihren Geschäftsbeziehungen bauen Lore Sander und ihr Mann auf gegenseitiges Vertrauen. „Der neue Wert der Gesellschaft ist Vertrauen - wem vertraue ich, wenn er sagt, wofür er steht?“ Vertrauen hört aber nicht im beruflichen Kontext auf, sondern ist wichtiger Bestandteil aller zwischenmenschlichen Beziehungen im Leben – so auch bei jenen in ihrer Nachbarschaft.
„Der Mensch steht immer im Mittelpunkt - ich finde Menschen großartig.“
Dass in der Theobaldgasse Nachbarschaft so gelebt wird, ist aber kein Zufall: „Ich hab von meiner Mutter gelernt: Wenn neue Nachbarn da sind, dann stellt man sich vor und begrüßt sie“, führt sie mit einem Lächeln aus.
Und das tut sie seit 25 Jahren. Schon beim ersten Kennenlernen betont sie, dass man im HABARI diverse Leitern, Bohrmaschinen und Scheinwerfer ausborgen kann und regt dabei erste Ideen für gemeinsame Aktivitäten an.
So kann die Theobaldgasse mit Stolz viele Gassenfeste, einen Gemeinschaftsgarten und einen eigenen Chor vorweisen. Die meisten Aktivitäten sind aus spontanen Ideen entstanden, wie Lore Sander verrät. „Es war mir schon ein Anliegen, auch die ältere Generation rauszuholen. In den Städten ist Vereinsamung ein Thema geworden und da haben wir das Gassenfest organisiert“, erzählt sie begeistert.
Auch aus zwei spontan gepflanzten Sonnenblumen, die die Aufmerksamkeit der Passant*innen erregt haben, ist bald mehr geworden: Ein Gemeinschaftsgarten, in dem inzwischen 18 Erwachsene und sechs Kinder mitarbeiten und sich für die Begrünung der Gasse einsetzen. „So ist die Nachbarschaft zusammengewachsen“, erinnert sie sich an die Anfänge.
„Alles wirkliche Leben ist Beziehung - das ist im Grunde, was wir in der Gasse machen.“
Nicht überraschend, dass auch Lore Sander bei der Gründung des Chors „Theo singt bald“ die Finger im Spiel hatte. Wichtig dabei ist ihr zu betonen: „Ein guter Impulsgeber ist ein Katalysator. Ich will nicht alles lenken und leiten, wir wirken da oft im Hintergrund – es ist dann was Eigenständiges, das ist ganz wunderbar“.
Gerne erinnert sie sich auch an ein Schulprojekt, bei dem Kinder der Gasse in ihrem Geschäft gemalt haben und sie kurzerhand eine Vernissage veranstaltet und die Bilder aufgehängt hat. „Ich denke heute noch dran – wir bekommen so viel zurück. Vertrauen, Wirksamkeit und Kommunikation, das sind die wirklichen Eckpfeiler heutzutage und nur so werden wir die ganzen Krisen überstehen“, erzählt sie mit leuchtenden Augen.
„Man bekommt alles zurück: Das ist Nachbarschaft - ein Geben und Nehmen.“
Besonders in Zeiten der Krise hat sich der Zusammenhalt der Gasse gezeigt und Lore Sander auch Mut und Hoffnung gegeben. Dabei sieht sie bei jedem Einzelnen eine gewisse Verantwortung. „Der Mensch braucht Einheiten wie Partnerschaft, Freunde und Familie, aber dann kommt auch schon die Nachbarschaft. Du musst nicht mit jedem Nachbarn gut Freund sein, aber du hast in der Gesellschaft eine Verantwortung, eine Eigenverantwortung, aber auch eine für die Gemeinschaft. Denn du bist ja immer in einer Gemeinschaft!“
Die Verantwortung fängt für Lore Sander beim lauten und deutlichen Grüßen der Nachbar*innen an und schließt selbstverständlich auch ein, einander zu helfen, wenn Hilfe gefragt ist. Langweilig wird ihr auch in Zukunft nicht, denn sie verrät mit einem Augenzwinkern: „Ich hab da schon wieder eine neue Idee!“