Und was tauschst du?
Teilen und tauschen im Stadtteil

© GB*

Teilen und Tauschen schont nicht nur Ressourcen und spart Geld – im besten Fall lernt man dabei auch nette Nachbar*innen kennen! Wir haben Initiativen und Grätzelbewohner*innen zum Interview getroffen, um zu erfahren was sie mit der Nachbarschaft tauschen und was sie dazu bewegt. 

Wissen und alte Volkslieder

Eva singt gerne alte Volkslieder. (© GB*)

Eva ist Mutter von drei Söhnen und seit vier Jahren in Pension. Bei der „Singenden Kräuterwanderung“ teilt sie alte Volkslieder mit den Teilnehmer*innen. „Ich möchte nicht, dass sie in Vergessenheit geraten! Sie sind Teil meiner Generation und ich kann mit der modernen Musik nicht so viel anfangen. Ich möchte daher, dass dieser Teil meiner Zeit weitergetragen wird.“

Als Teilnehmerin des GB*Frauencafés, bei dem Frauen ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu unterschiedlichen Themen austauschen, hatte Eva 2022 die Idee zur „Singenden Kräuterwanderung“, bei der nicht nur Wissen über Wildkräuter weitergegeben sondern auch gemeinsam gesungen wird.

„Ich finde es sehr schön gemeinsam zu singen und mir ist aufgefallen, dass heutzutage kaum noch gesungen wird. Wir haben als Kinder viel gesungen und meine Kinder  machen das eigentlich gar nicht mehr. Das finde ich schade, denn früher war es so, dass man über das Singen zusammengekommen ist. Wenn man nichts mehr zum Reden gefunden hat, dann hat man einfach miteinander gesungen.“

Das Interesse ist groß: Bei den 10 Spaziergängen, die Eva gemeinsam mit den Kräuterpädagog*innen Cornelia „Die Waldfee“ Presich und Michael „Krautmichel“ Kolousek sowie den Sängerinnen Elisabeth Buchinger und Karin Österreicher im Jahr 2023 auf die Beine stellte, spazierten teilweise bis zu 50 Kräuter- und singbegeisterte Teilnehmer*innen mit.

Spaß am Tanzen kostet nichts!

Tom gibt seine Salsa-Skills weiter. (© GB*)

Tom tanzt leidenschaftlich gerne und davon profitieren alle Tanzbegeisterten im Grätzel: Beim wöchentlichen „Salsa-Rueda“, dem gemeinsamen Tanzen im Kreis, gibt er im GB*Stadtteilbüro am Max-Winter-Platz seine Tanzkenntnisse weiter. Im Sommer tanzt die Gruppe auch gerne direkt davor im Freien. Teilnehmen kann jede*r, ganz egal ob Anfänger*in oder Fortgeschrittene*r - und das kostenlos.

„Durch das gemeinsame Tanzen habe ich verstanden, dass Tanzen nichts kostet, weil Tanzen mit Gleichgesinnten Spaß ist und dann ist Entgelt unwichtig. Es gibt mir auch persönlich sehr viel, etwas weitergeben zu können und dazu beizutragen, dass Leute mehr Spaß haben, wie hier beim Salsa-Abend. Im Leben geht es so oft darum Geld zu verdienen, aber es gibt auch andere Werte, die zum Beispiel hier bei der Salsa fließen können und gut für Herz und Geist sind.“

„Ich lege sehr viel Wert auf Spaß und nicht zu viel auf Perfektion. Das hat mir in meinem ganzen Leben weitergeholfen.“

Eine Grundvoraussetzung für Tom's Angebot sind die passenden Räumlichkeiten, die er nach intensiver Suche mit dem GB*Stadtteilbüro gefunden hat und die er nun im Rahmen unserer GB*-Initiative Stadtteilpartnerschaft regelmäßig nutzt. „Ich war an vielen Orten, die haben aber alle Geld gekostet. Dann bin ich zufällig hier einmal vorbeigekommen und habe Corona (Davit-Gesteu, GB*-Mitarbeiterin) getroffen. Sie fand die Idee toll und hat ermöglicht, dass ich mir sogar einen Wochentag aussuchen durfte.“

Schenken ist das neue Kaufen!

Sarah betreibt den Kostnix-Laden. (© GB*)

Sarah ist seit über 5 Jahren in der “Schenke” in der Piaristengasse 33 im 8. Bezirk aktiv. Hier können Gebrauchsgegenstände vorbeigebracht und mitgenommen werden - und das kostenlos. Auch Getränke- und Lebensmitteltausch ist hier möglich, jedoch nur für solche, die ohne Kühlschrank auskommen. Miete und Betriebskosten für den Raum werden über freiwillige Spenden finanziert.

„Neben den Gegenständen teilen wir auch den ca. 60 m² großen Raum mit kleiner Küche. Die Vergabe basiert ebenso auf einer freiwilligen Spende, die wir individuell mit den Personen oder Gruppen vereinbaren. Wir möchten nämlich nicht, dass es an den Kosten scheitert, dass eine Gruppe ein gutes Projekt nicht umsetzen kann. Aktuell nutzen zwei Gruppen bzw. Vereine den Raum regelmäßig“, erzählt Sarah.

Sarah meldete sich 2005 auf einen Aufruf über Facebook, mit dem eine*n neue*n Betreiber*in für die Schenke gesucht wurde. „Ich fand die Idee eines Kostnixladens toll, da ich der Meinung bin, dass schon so viel auf der Welt existiert, das genutzt und weitergegeben werden soll. Darum haben ich und eine Freundin uns gemeldet und ich bin bis heute dabei.“

Das Angebot wird sehr gut angenommen, was man auch vor Ort gleich merkt: Während unseres Interviews kommen immer wieder Besucher*innen und bringen Dinge vorbei, einige nehmen sich auch was mit. „Es wird viel mehr gebracht als genommen. Ich glaube das müssen wir bald regulieren. Einige kennen uns schon seit Beginn an, manche interessieren sich auch einfach, weil sie vorbeigehen.“

Und wie organisiert sich so ein Kostnixladen? „Wir sind im Prinzip zu viert und dann gibt es noch ein paar Personen, die uns ab und zu unterstützen. Monatlich treffen wir uns zu einer Versammlung, wo wir Dinge besprechen. Die Öffnungszeiten (DI und MI jeweils 16-20 Uhr, jeden zweiten SA nur für FLINTA) teilen wir uns auf und auch sonst ist alles sehr hierarchielos. Ich betreue vor allem auch E-Mails und die Finanzen, Social Media früher auch aber das habe ich abgegeben, denn es ist echt viel Arbeit. Es gab auch Zeiten, da habe ich rund 20h/Woche investiert.

„Ich glaube es braucht viel Verständnis für verschiedene Lebenssituationen und vor allem eines: Bedingungslosigkeit. Das ist das Um und Auf, wenn es um’s Teilen und Tauschen geht. Mach es, weil du den Gedanken vertrittst und nicht, weil du dir etwas zurück erwartest.“

Kleidung tauschen ohne Einschränkungen

Melanie organisiert Kleidertausch-Events. (© GB*)

Unter dem Namen Wiener Wäsch organisieren Melanie und Georg mehrmals im Jahr Kleidertausch-Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Wien. Bei den Events kann Kleidung kostenlos getauscht werden, ganz ohne Beschränkungen oder sonstige Regeln.

Die Idee entstand 2017 als Melanie feststellte, dass alle bestehenden Kleidertausch-Events mit Beschränkungen verbunden sind: Man durfte etwa nur eine bestimmte Menge mitnehmen oder musste Teilnahmegebühr zahlen. So startete Melanie ihren eigenen Kleidertausch im City Hostel „wombats“. Und es kommt gut an! 200-400 Personen kommen pro Termin zum Tauschen vorbei, einige davon regelmäßig. Übrig gebliebene Kleidung spendet Melanie an Hilfsorganisationen oder entsorgt sie, wenn sie nicht mehr intakt sind.

Die Betreuungsintensität sei überschaubar, so Melanie. „Anfang des Jahres kontaktiere ich diverse Locations und kümmere mich um die Fixierung der Termine. Ich komme aus der Gastroszene und bin daher sehr gut vernetzt. Wir dürfen die Locations überall kostenlos nutzen, denn es ergibt sich eine Win-Win-Situation für beide Seiten: Wir bewerben die Veranstaltungen und bringen Leute zu verschiedensten Locations, wo sie oft auch etwas konsumieren, wie z.B. in Magdas Hotel oder im Skydome. Georg kümmert sich um die Website und Mailanfragen, aber auch das ist ein minimaler Aufwand. Wir machen das in unserer Freizeit, einfach weil es uns Spaß macht.“

„Wenn ihr gerne selbst etwas starten wollt: Denkt nicht so kompliziert. Viele Menschen machen es sich schwerer als es ist. Einfach anfangen und drauf vertrauen, dass es funktioniert.“